Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat

Ein Bericht der Europäischen Kommission im Rahmen der Quecksilberverordnung EU 2017/852 hat untersucht, ob die Verwendung von Alamalgam in Europa vor 2030 generell eingestellt werden kann und kam zu dem Schluss, dass dies sowohl technisch1 als auch wirtschaftlich2 machbar sei. Daraufhin kündigte die Kommission an, 2022 einen Legislativvorschlag für den Ausstieg vorzulegen.

Da die Verwendung von Quecksilber in der Zahnmedizin die größte noch verbleibende Verwendung in der Union ist und eine bedeutende Quelle der Umweltverschmutzung darstellt, wurde die Kommission durch beauftragt, die Durchführbarkeit eines langfristigen Ausstieg der Verwendung von Amalgam, vorzugsweise bis 2030, zu bewerten und dem Rat und dem Parlament darüber Bericht zu erstatten. Die Quecksilberverordnung verbietet bereits seit dem 1. Juli 2018 die Verwendung von Amalgam für die Behandlung von Milchzähnen und von Kindern unter 15 Jahren sowie von schwangeren oder stillenden Frauen.

Für den Bericht beauftragte die Kommission einen Berater mit der Durchführung einer Studie, welcher Informationen über die Verwendung von Amalgam und quecksilberfreien Alternativen und die Auswirkungen auf die öffentlichen Gesundheitsdienste in den Mitgliedstaaten sammelte und die nationalen Aktionspläne, die im Rahmen der Verordnung zur Verringerung der Verwendung von Amalgam erstellt wurden, berücksichtigte.

Darüber hinaus wurden Experten aus den Mitgliedstaaten und Interessenvertreter (zahnärztliche Organisationen, NGOs) zu einem Workshop eingeladen, um die vorläufigen Ergebnisse der Studie zu validieren und zusätzlichen Input zu liefern.

Der Ausstieg ist unerlässlich und wirtschaftlich und technisch machbar

Da Quecksilber aus Amalgamfüllungen unvermeidlich in die Umwelt freigesetzt wird (trotz aller Vorsichtsmaßnahmen), würde dem Bericht zufolge nur ein schrittweiser Ausstieg dazu beitragen, die Ziele des Green Deals für eine giftfreie Umwelt zu erreichen.

Da alternative Restaurationsmaterialien sicher, wirksam, verfügbar und erschwinglich sind und in der gesamten EU bereits in großem Umfang verwendet werden, sei es zudem unwahrscheinlich, dass ein Ausstieg signifikante wirtschaftliche Auswirkungen auf Patienten und Zahnärzte habe.

Die Kommission berichtet im Wortlaut: „Quecksilberfreie Materialien sind heute von guter Qualität, wirksame Restaurationsmethoden sind weithin verfügbar und an zahnmedizinischen Fakultäten werden zunehmend die notwendigen Fertigkeiten vermittelt… Der Unterschied zwischen den Preisen für Füllungen je nach Materialtyp ist relativ gering… (und)… Es ist nachgewiesen, dass quecksilberfreie Materialien zufriedenstellende mechanische Eigenschaften aufweisen, eine geringere Kavitätenpräparation bedürfen sowie einer besseren Ästhetik haben. Die Kommission bekräftigt ferner, dass das Risiko von BPA (das in einigen, aber nicht in allen Kompositen vorkommt) nach dem jetzigen Stand „vernachlässigbar“ sei.

NGOs begrüßen diese Entscheidung, weisen aber darauf hin, dass noch viel zu tun bleibt

„Dies ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, aber noch ein sehr langer Weg. Die Entscheidung für ein konkretes Ausstiegsdatum mit der Zustimmung des Europäischen Rates und des Parlaments ist auf 2022 verschoben worden“, sagt Florian Schulze, Projektleiter des Europäischen Zentrums für Umweltmedizin und Vizepräsident für Europa der Weltallianz für quecksilberfreie Zahnmedizin, der bei der Anhörung der Kommission zahlreiche europäische NGOs für ein Amalgamverbot vertrat.

„Als globales Netzwerk freuen wir uns besonders darüber, dass die Kommission in ihrem Bericht versprochen hat, nicht an den europäischen Grenzen Halt zu machen, sondern auch den Handel mit in Europa verbotenen Produkten zu stoppen“, sagte Charlie Brown, Präsident der Weltallianz für quecksilberfreie Zahnmedizin, mit Blick auf die nächste Quecksilber-Konferenz der UN-Minamata-Konvention in Bali 2021, auf der vor allem afrikanische Mitglieder ein internationales Verbot fordern.

„Viele Mitgliedstaaten, wie die Tschechische Republik und die Slowakei, hatten bereits im vergangenen Jahr in ihren nationalen Aktionsplänen beschlossen, die Verwendung von Amalgam auslaufen zu lassen und trugen damit zur Entscheidung der Kommission bei. Diesen Monat haben auch Ungarn und Kroatien einen entsprechenden Plan vorgelegt, womit jetzt nur noch 7 von 27 nationalen Plänen fehlen. Es ist jetzt an der Zeit, dass andere Länder wie Polen, Italien oder Frankreich dem Beispiel folgen“, sagt Hanna Schudy, Mercury Policy Manager bei Eco Unia, Polen.

Hier geht’s zum vollständigen Bericht: LINK

1 Technische Machbarkeit

Angesichts der hohen Verwendung quecksilberfreier Materialien in der EU kann davon ausgegangen werden, dass die überwiegende Mehrheit der zahnärztlichen Einrichtungen in der EU bereits über die für quecksilberfreie Restaurationen erforderliche Ausrüstung verfügt und dass die meisten, wenn nicht alle Zahnärzte die erforderlichen Techniken beherrschen. Es hat sich gezeigt, dass quecksilberfreie Materialien zufriedenstellende mechanische Eigenschaften aufweisen, mit einem geringeren Bedarf an Kavitätenpräparation für Komposite sowie einer besseren Ästhetik. Vier Hauptfaktoren beeinflussen die Langlebigkeit einer Füllung: das Material, die Restaurationsmethode, die Fähigkeiten des Zahnarztes und die Zahnhygiene des Patienten. Quecksilberfreie Materialien sind heutzutage von guter Qualität, wirksame Restaurationsmethoden sind weithin verfügbar, und in den zahnmedizinischen Fakultäten werden die erforderlichen Fertigkeiten zunehmend vermittelt. Die Dentalhygiene sollte sich dank der öffentlichen Gesundheitskommunikation weiter verbessern. Daher sollte sich auch die Langlebigkeit von Restaurationen weiter verbessern. Zahnärzteverbände haben jedoch Bedenken hinsichtlich des Mangels an verfügbaren Informationen über quecksilberfreie Materialien sowie hinsichtlich des Sicherheitsprofils und der Biokompatibilität bestimmter Materialien geäußert, von denen einige Bisphenol A (BPA) oder Nanopartikel enthalten. Verfügbare wissenschaftliche Übersichtsarbeiten kamen zu dem Schluss, dass die Freisetzung von BPA aus bestimmten Dentalmaterialien nur mit vernachlässigbaren Gesundheitsrisiken verbunden ist und die Exposition gegenüber BPA innerhalb der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge liegt. Diese Schlussfolgerungen basieren jedoch auf der 2015 BPA-Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die derzeit überprüft wird.

2Wirtschaftliche Machbarkeit

Die fortschreitende Substitution von Dentalamalgam durch quecksilberfreie Materialien (wie z.B. Kompositharze, Keramiken und Glasionomerzemente) ist bereits im Gange. Die überwältigende Mehrheit der EU-Hersteller (95%) produziert quecksilberfreie Materialien, die einen großen Anteil des Marktes ausmachen. Eine gesetzliche Vorschrift zur schrittweisen Abschaffung von Dentalamalgam würde den Trend zur Reduzierung beschleunigen und die Hersteller dazu zwingen, die Produktion alternativer Materialien zu erhöhen. Der Unterschied bei der Verarbeitung von Füllungen ist aufgrund von Verbesserungen bei quecksilberfreien Restaurationstechniken relativ gering. Darüber hinaus hat sich der Preisunterschied zu quecksilberfreien Materialien verringert. Dies begrenzt die sozioökonomischen Auswirkungen einer beschleunigten Umstellung auf quecksilberfreie Füllungen auf die Kosten der zahnärztlichen Versorgung und damit die verteilten wirtschaftlichen Auswirkungen auf Zahnärzte, Patienten und Erstattungssysteme im Gesundheitswesen. In den meisten Mitgliedstaaten ist der Unterschied in der Deckung der nationalen Erstattungssysteme der Krankenkassen für verschiedene Materialien begrenzt. Abschließend lässt sich sagen, dass eine beschleunigte Umstellung auf quecksilberfreie Füllungen keine signifikanten negativen Auswirkungen auf Patienten, Zahnärzte oder Hersteller von Zahnfüllungen hätte. Sie könnte jedoch Anpassungen der nationalen Erstattungssysteme in Mitgliedstaaten erfordern, in denen Unterschiede je nach verwendetem Material hoch ist.